Überprüfung lohnt sich – Den Immobilien-Bedarfswert ermitteln

Überprüfung der Bedarfswertermittlung des
Finanzamtes lohnt sich – qualifizierte Gutachten
ermitteln realen Immobilienwert

Auf den Artikel in der Novemberausgabe 2014 des Magazins „Wirtschaft in Mainfranken“ der IHK Würzburg-Schweinfurt gelangen Sie durch Anklicken dieses Links IHK Würzburg-Schweinfurt

Im Falle einer Erbschaft, Schenkung oder generellen Eigentumsübertagung fallen Steuern an. Bemessungsgrundlage für die Finanzbehörden ist der Bedarfswert nach dem Bewertungsgesetz (BewG). Dipl.-Ing. Stephan Schulz, öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Immobilienbewertung in Würzburg, erklärt, warum eine Prüfung des Bedarfswertbescheides Sinn macht und worauf Unternehmer und Privatpersonen achten sollten.

Der Unternehmer übergibt die Firmennachfolge seinem Sohn. Die Mutter vererbt der Tochter das Häuschen mit Garten. Das Einzelunternehmen firmiert zur GmbH. Ob im gewerblichen oder privaten Bereich – ändern sich die Eigentumsverhältnisse durch Erbschaft, Schenkung oder Änderung der Unternehmensform, fallen Steuern an. Diese werden von den Finanzbehörden auf der Grundlage des Bewertungsgesetzes (BewG) ermittelt. „Aufgabe der Finanzämter ist es, den Immobilienwert zu ermitteln, denn die zu entrichtende Steuer bemisst sich nach diesem Wert“, erklärt Dipl.-Ing. Stephan Schulz. Doch gerade hier sieht der öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige für Immobilienbewertung auch ein Fehlerpotential, denn Objekte können beispielsweise zu hoch bewertet werden, so dass entsprechend auch die Erbschaft- und Schenkungsteuer zu hoch ausfällt.

„Das Bewertungsgesetz ist ein stark pauschalisiertes und schematisiertes Bewertungsverfahren, welches nicht alle signifikanten Bewertungsmerkmale berücksichtigen kann. Hintergrund ist, dass die Behörden verständlicher Weise das Objekt nicht besichtigen und an ihre personellen und zeitlichen Grenzen bei der Bewertung stoßen. Entsprechend schuf der Gesetzgeber die Möglichkeit, den Bedarfswert durch ein qualifiziertes Verkehrswertgutachten zu berichtigen“, so der Würzburger Architekt weiter. „Der Steuerpflichtige hat daher das Recht, anhand eines Verkehrswertgutachtens den tatsächlichen Wert des Objektes überprüfen zu lassen.“

Diese Überprüfung macht Sinn, denn die bedarfsgerechte Überprüfung des Wertes kann Steuern sparen. „Ich schätze den Großteil der Bedarfswerte als nicht zutreffend ein. Müsste ich frei schätzen, so gehe ich davon aus, dass bis zu 50 Prozent der ermittelten Werte nicht zutreffend sind“, erklärt Schulz. „Nun ist es keinesfalls so, dass wir die Finanzbehörden an den Pranger stellen. Der Grund für die nicht zutreffenden Werte liegt in der Schematisierung des Bewertungsgesetzes. Gleichzeitig muss es im Interesse des Steuerzahlers sein, ein qualifiziertes Gutachten als Bemessungsgrundlage zu erhalten.“ Hier sieht der Lehrbeauftragte für Immobilienbewertung an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Würzburg – Schweinfurt noch Aufklärungsbedarf.

„Die bayerischen Behörden haben allein 2012 rund 28.440 Bedarfsbewertungen bearbeitet. In nur 1.540 Fällen wurde von den Steuerpflichtigen ein niedrigerer Wert nachgewiesen. Diese Quote entspricht nicht meiner eben genannten Schätzung. Der Grund hierfür ist, dass der breiten Öffentlichkeit die Möglichkeit der Überprüfung einfach nicht bekannt bzw. bewusst ist“, erläutert Schulz. „Unsere Kompetenz liegt in der Wertermittlung von Immobilien, so dass wir hier qualifizierte Gutachten erstellen und entsprechend den genauen Verkehrswert der Immobilie bestimmen können.“

In der Praxis heißt das, Finanzämter bestimmen den theoretischen Wert eines Objektes, der von dem tatsächlichen Wert stark abweichen kann. Am Beispiel: der Unternehmer vererbt seinem Sohn die Firma und damit auch die Produktionsstätten und die Betriebsgebäude. Das Finanzamt bewertet die Objekte mit einem Bedarfswert von 5.000.000 Euro. Tatsächlich sind die Firmenimmobilien jedoch nur 2.000.000 Euro wert; entsprechend niedriger würde die Steuer ausfallen. Wie ist also in diesem Fall vorzugehen?

„Die Finanzbehörde schickt den Bescheid über den Bedarfswert an den Sohn, um bei diesem Beispiel zu bleiben“, erklärt der auf steuerliche Bewertung spezialisierte Sachverständige Schulz. „Selbstverständlich hat der Sohn nun die Möglichkeit, Einspruch gegen den Bescheid zu erheben. Im Anschluss klärt ein Gutachten den tatsächlichen Wert. Das Gutachten wird von den Finanzämtern geprüft und – soweit das Gutachten qualifiziert und fehlerfrei erstellt ist – in der Regel anerkannt. Nun ergeht der Steuerbescheid über den geänderten Betrag. Wir empfehlen, bereits bei der Absicht einer Schenkung oder Erbschaft ein Gutachten erstellen zu lassen. Das spart letztlich den Umweg über den Einspruch und damit auch Zeit und Ressourcen“, beschreibt Schulz den Vorgang.“

Zu beachten ist bei der Beauftragung von Gutachten, dass der Bundesfinanzhof in seinem Urteil BFH 11.09.2013 (Az. II R 61/11) festlegte, dass von den Finanzbehörden nur Gutachten von öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen anerkannt werden. „Die Entscheidung des Bundesfinanzhofes begrüßen wir natürlich, denn durch die öffentliche Bestellung und Vereidigung wurde die besondere Sachkunde auf dem Gebiet der Immobilienbewertung nachgewiesen. Wir sehen uns in gleichem Maße als Partner von Wirtschaftsprüfern, Anwälten und Steuerberatern, die das gemeinsame Fachwissen optimal für den Kunden einsetzen können. Von diesen Kompetenz-Synergien können letztlich nicht nur wir, sondern gerade unsere Auftraggeber profitieren“, stellt Schulz fest.

So wichtig also die Überprüfung durch ein Gutachten ist, so interessant sind natürlich die Kosten für die Beauftragung eines qualifizierten Sachverständigen. Hier gibt Stephan Schulz einen Richtwert an: „Jedes Objekt ist verschieden und es macht einen Unterschied, ob man ein Fabrikgelände oder ein Eigenheim bewertet. Als Faustformel kann man 0,2 bis 0,8 Prozent des tatsächlichen Objektwertes als Bemessungsgrenze für die Kosten des Immobiliengutachtens kalkulieren“.